Restaurants

Facil, Berlin

Im unbestritten schönsten Spitzenrestaurant der Hauptstadt glänzt das Team um Michael Kempf und Joachim Gerner nicht nur durch beste Produkte, feinsinnige Sensorik und Präzision bis ins kleinste Detail, sondern steigert das Niveau von Besuch zu Besuch…

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Dream-Team: Joachim Gerner (links) und Michael Kempf © The Mandala Hotel

Der Potsdamer Platz, nicht gerade ein städtebauliches Juwel, ist augenblicklich vergessen, sobald man das Restaurant im fünften Stock betritt, das den Gast zuverlässig der schnöden Welt da draußen enthebt: Rundum verglast thront es auf dem Dach des Hotel Mandala, bei schönem Wetter ist es lichtdurchflutet, auch sonst sorgen grüner Laub- und Bambuswald auf der umlaufenden Terrasse und plätschernde Wasserspiele für Wohlfühlatmosphäre. Eine Oase in der Metropole, dabei durch und durch großstädtisch im Geist. Was sich schon daran zeigt, dass dies eine der ganz wenigen Adressen auf höchstem Niveau in Berlin ist, die auch mittags öffnet.

Mitten in Berlin, mitten im Grünen © The Mandala Hotel

Ungewöhnlich ist auch die Konstanz der Mitarbeiter – bei jedem Besuch freut man sich auf die vertrauten Gesichter von Restaurantleiter Manuel Finster und Sommelier Felix Voges, die beide seit der Eröffnung 2001 im Team sind. Dasselbe gilt für Chefpâtissier Thomas Yoshida, und auch Michael Kempf und Joachim Gerner, die heute gemeinsam die Küchenlinie bestimmen, sind schon seit einer gefühlten Ewigkeit dabei. Beständigkeit auf solch hohem Niveau, getragen von handwerklicher Präzision, einfühlsamer Sensorik und einem in Berlin leider selten gewordenen Bekenntnis zu edelsten Produkten, machen dieses Haus zu einer Ausnahmeadresse der Hauptstadt.

Klassische Tischkultur, zeitgemäß interpretiert © The Mandala Hotel

Das Menü startet mit einer ungewöhnlichen, unter einer hauchdünnen Gelhülle versteckten Interpretation eines Gemüsesalats rund um geschmorte Gelbe Bete und Topinambur, der auf der Karte unter seinem Zweitnamen Sonnenblumenwurzel auftritt. Ziegenfrischkäse sorgt für Cremigkeit, die pointiert fruchtige Säure von Sanddorn bestimmt die Vinaigrette, die mit Petersilienöl verfeinert wurde. Ein ebenso leichter wie verheißungsvoller Auftakt, der schon viel von jenem geschmacklichen Feingefühl vorausnimmt, das im ganzen Menü prägend ist.

Knackig-frischer Start ins Menü © Autor

Auch der folgende Gang ist von jener Leichtfüssigkeit, wie man sie sich zu Beginn einer Speisefolge wünscht: Exzellenter Bachsaibling aus Brandenburg, so zart konfiert und sekundenkurz abgeflämmt, dass er sich mit leichtestem Gabeldruck zerteilen lässt. Dazu gibt es marinierte Radieschen und Navetten, im milden Buttermilchschaum mit Estragonöl sorgt knackiger Lachsforellenkaviar für spannungsreiche Akzente.

Saibling von den 25 Teichen in Brandenburg © Autor

Michael Kempf und Joachim Gerner sind Meister der Menüdramaturgie, die von Gang zu Gang das Aromenfüllhorn großzügiger ausschöpfen und nun auch in punkto Produkteinsatz immer weiter aufdrehen: Auf dem Teller tritt eher bodenständiger Bauch vom Schwäbisch-Hällischen Schwein (ganz unten) gegen die noblen Mitstreiter Gillardeau-Auster (versteckt unter dem Schmelz einer hauchdünnen Scheibe Lardo) und Imperialkaviar an, ein Wettkampf der Genuss-Giganten, bei dem es nur einen Sieger gibt – den Gast. 

Schweinebauch meets Imperialkaviar © Autor

Jetzt, da alle Geschmacksknospen zuverlässig in Habachtstellung gebracht sind, holt die Küche zum ganz großen Coup aus: Der Langostino von den Färöer-Inseln wurde noch lebend geliefert, er ist von überragender Frische, Spannkraft und Aromatik. In diesem Haus ist man natürlich klug genug, dieses Highendprodukt, nur ganz kurz angegart, für sich sprechen zu lassen, feinfühlig untermalt von den Anisnoten eines in der Pfanne gebratenen Fencheltoasts und der fruchtigen Frische eines Salats aus frischen sowie im Ofen geschmorten Tomaten. Die am Tisch angegossene Langostinobisque spielt das Thema Krustentieraromatik höchst genussvoll aus. 

Langostino von den Färöer-Inseln © Autor

Kurzer Zwischenruf zum Thema Wein: Felix Voges ist einer der stillen Stars seiner Branche, der immer eine Überraschung in der Hinterhand hat, bei jedem Besuch neue Entdeckungen präsentiert und generell lieber auf weniger bekannte Talente setzt als auf die notorisch großen Namen – auch wenn letztere auf seiner Karte selbstverständlich nicht fehlen. Mit dem 2017 Weißburgunder Eselspfad vom rheinhessischen Weingut Knewitz bringt er nun einen kräftigeren Wein voll dichter Würze ins Spiel, der mit den intensiver werdenden Aromen im Menü auf Augenhöhe ist. 

Weißburgunder mit dichter Würze © Autor

Gerade beim Thema Gemüse beweist das Facil-Team immer wieder, mit welchem Feingefühl es ans Werk geht. So sorgt nun eine delikate Mariage von Kürbis und Burrata, umspielt von Zwetschgenmarmelade, Selleriesud und Erdnussöl, für ein sensorisches Innehalten, bevor es an die Hauptgänge geht.

Kürbis-Zwischenspiel © Autor

Großer Auftritt für die Étouffée-Taube aus der Region Orléans, die mit ihrem besonders dunklen, zarten und schmackhaften Fleisch zu den Königinnen des Geflügels zählt. Perfekt gebraten, so dass die fein gereifte Aromatik des Fleischs zum Tragen kommt, umgibt sie ein Reigen von Mangold, Bulgur, Tamarillo-Marmelade und natürlich eine geschmackstiefe, aus der Karkasse gezogene Sauce mit fein-nussigen Noten von Bockshornklee.

Étouffée-Taube aus Orléans © Autor

Auch das Flanksteak vom Wagyu stammt von einem Spitzenproduzenten, der Morgan Ranch in Nebraska. Es wird begleitet von einer Girlande aus Brokkoli und knusprig frittiertem Grünkohl, Shiro Miso und die Zitrusfrische von Bergamotte setzen spannende aromatische Akzente.

Nebraska-Wagyu von Spitzenzüchter Dan Morgan © Autor

In Berlin leisten sich nicht mehr viele Restaurants einen eigenen Pâtissier, doch im Facil hat man es mit einem Meister seines Fachs zu tun. Thomas Yoshidas (Gault&Millau Pâtissier des Jahres 2016) vielschichtige Desserts sind wahre Kunstwerke des Spiels mit Texturen und Aromen und nicht zuletzt immer bildschön anzuschauen. So auch die Birne, aus weißem Schokoladenmousse täuschend echt nachgebildet und in einen Mantel aus pulverisiertem schwarzen Mohn gehüllt, im Kern versteckt sich etwas Ingwerkompott. Dazu knuspernde Haselnuss und als geschmacklicher Clou ein Birnensorbet mit intensiven Currynoten. Mit der dazu empfohlenen Riesling Auslese von August Eser aus dem Rheingau lässt sich auf einen perfekten Abend anstossen.

Das Beste, was einer Birne passieren kann © Autor

Ein Toast auf das Facil-Team und auf die Leitung des Hotels Mandala, das sich und den Gästen als eines der letzten großen Häuser in Berlin noch ein solches Spitzenrestaurant gönnt!

P.S. Ab Montag, 9. November, bietet das Facil einen Abhol- und Lieferservice an.

2 Michelin-Sterne

19 Gault&Millau-Punkte

4,5 Feinschmecker-F

www.facil.de

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