Restaurants

Esplanade, Saarbrücken

Innerhalb kürzester Zeit erkochte sich Silio Del Fabro mit seinem Mix aus französischer Klassik, globaler Moderne und Liebe zur Region einen Namen, der auch Gäste aus dem nahen Frankreich ins stilvolle Boutiquehotel zieht

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Durchgestartet: Silio Del Fabro © Esplanade

Zwei Seelen wohnen in Silio Del Fabros Brust, die eine liebt klassisch französische Edelprodukte, die andere engagiert sich für die Region. Anders als bei Goethe ist das aber kein Drama, ganz im Gegenteil. Es bringt seinen Gästen doppelten Genuss, wenn Bretonischer Rochenflügel in einer Nage aus Honigtomaten vom nahen Stadtbauernhof badet oder zur Gänsestopfleber ein Apfelragout serviert wird, das der gebürtige Saarländer aus der alten Sorte Rote Winterreinette von einem Baum im Garten seines Bruders zubereitet. Wie viele Köche seiner Generation ist der 33jährige der Überzeugung, dass Gutes aus der nächsten Umgebung zu bevorzugen ist, wann immer möglich – Gemüse, Kräuter und essbare Blüten bezieht er täglich vom Stadtbauernhof. Die Fahrtzeit per Lastenfahrrad: fünf Minuten.

Restaurant Esplanade – jede Menge Stil, null Allüren © Esplanade

Die Liebe zur französischen Klassik, die bei aller zeitgemäßen Präsentation ein Grundton von Del Fabros Küche ist, stammt aus seiner Zeit bei namhaften Lehrmeistern: Er verinnerlichte die große Tradition bei Helmut Thieltges und perfektionierte sie in über sechs Jahren bei Klaus Erfort, zuletzt als dessen Souschef. Diese Einflüsse sind noch spür- und schmeckbar, werden aber in Kombination mit der Vorliebe für regionale Produkte, einem Sinn für neuartige Aromenbilder und moderne Leichtigkeit zu etwas Eigenem weiterentwickelt.

Das Esplanade – Gründerzeitvilla am Max-Ophüls-Platz © Esplanade

Wie in jedem guten Haus treten die Kleinigkeiten vorab, präzise gearbeitet und voll geschmacklicher Opulenz, als beste Botschafter für den Küchenstil auf: Highlight der verführerischen Parade ist die Langoustine Royale, roh als Tatar auf kross gebratenem Schweineschwänzchen serviert. Die ultrafrische Meeresfrucht mit fast cremiger Konsistenz bildet reizvolle Kontraste zur knusprig-rustikalen Unterlage.

Langoustine Royale auf Schweineschwänzchen © Autor

Weitere Gaumenkitzler: Blutwurststrudel als schlanker Stick mit Apfelgel und Zwiebelringen. Linsen-Crouton, gefüllt mit Kalbstatar, Kapern und schaumiger Sauce Béarnaise. Tapiokachip mit Kürbiskerntapenade und Entenschinken. Und last not least: Herrlich fleischige ausgelöste Gillardeau-Auster mit Minze und Holunderblütenessig.

An dieser Stelle großes Kompliment an Maître-Sommelier Jérôme Pourchère, der all die delikaten Häppchen mit höchster Professionalität, fundiertem Fachwissen und einer Extraportion französischem Charme serviert und jedes Essen auch im Alleingang zum Erlebnis machen kann. Sein Herz gehört naturellement den französischen Weinen – der 2016 Chassagne-Montrachet Les Baudines von Thomas Morey ist mit seinen mineralischen Noten perfekter Begleiter zur gesamten Bandbreite des Menü-Starts.

Burgundische Begleitung zum Start © Autor

Der erste Gang vereint japanische Aromatik mit der Region: Gelbflossenmakrele als Tranche und als kleines Tatar kombiniert die Küche mit einer Rettichvariation vom Stadtbauernhof. Bonitovinaigrette, verfeinert mit Fliegenfischkaviar, umspielt das Duo, als I-Tüpfelchen gibt’s etwas Kaviar.

Japan-Aromen und Saarbrücker Gemüse © Autor

Witziges Versteckspiel: Bretonische Jakobsmuschel, von der Pfanne „nur geküsst“, kommt versteckt unter einem im Tempura-Stil gebackenen Shisoblatt. Schiebt man es beiseite, entdeckt man die Meeresfrucht, die mit Spitzkohl in feinster Hummerbisque badet, die pikanten Noten verdankt das Gericht etwas Currypaste und japanischem Bergpfeffer. 

Coquille St. Jacques im Shiso-Look © Autor

Eine satte Tranche vom bretonischen Rochenflügel, klassisch gebraten, geht mit dem Schmelz von glasiertem, lauwarm servierten Kalbskopfsalat eine äußerst schmackhafte Allianz ein. Mit kleinen Esspaprika und frittierten Kapern wird der Fisch in einer exzellenten Nage serviert, eingekocht aus reifen Honigtomaten, Estragon und Basilikum, schaumig aufgemixt mit französischer Salzbutter.

Bretonischer Rochenflügel meets Kalbskopf © Autor

Intensiv duftende Consommé double vom Ochsenschwanz wird am Tisch zu gebratener Entenleber, Gemüsebrunoise und einem Tortellino, gefüllt mit Entenleber und Kalbsbries, angegossen, zur Krönung gibt es ein paar Herbsttrüffel. 

Ochsenschwanz de luxe © Autor

Zum Hauptgang nochmals ein eindeutiges Bekenntnis zur Region – das Duett vom Bliesgauer Lamm. Die Tiere bezieht Del Fabro im Ganzen und mit allen Innereien direkt vom Schäfer und verarbeitet sie komplett. Hier serviert er zum einen den Lammrücken, klassisch im Ofen gebraten, karamellisiert und mit verschiedenen Kräutern und Salzzitrone aromatisiert, zum anderen die geschmorte Schulter, verpackt im hübschen Dim Sum. Dazu auf dem Teller eine Artischockenvariation, Sauce Soubise (Zwiebelcreme) und tiefgründige Lammjus, verfeinert mit Estragon.

Lamm aus dem Biosphärenreservat Bliesgau © Autor

„Zweierlei Champagner“ heißt das erste, ganz unprätentiös im Glas servierte Dessert: Champagner als cremiges Sorbet und luftige Espuma geschichtet, obenauf als Finish die Zitrusfrische von Yuzugel und der Knusper von Krokant, fertig ist ein Dessert, das die prickelnd-herbe Frische des Schaumweins auf süße Art interpretiert und so den Bogen zum Apéritif schließt. 

Champagner zum Löffeln © Autor

Dessert Nummer Zwei ist ein tropischer Gruß, in der Kokosnussschale angerichtet: Unter der Haube aus Kokosespuma verbergen sich ein Ragout von Ananas, Mango und Passionsfrucht, Sorbet von exotischen Früchten und ein Baba au Rhum. 

Das Schöne an einem Abendessen im Esplanade: Man kann der von Jérôme Pourchère klug zusammengestellten Weinkarte ohne Sorge zusprechen, denn in den beiden oberen Stockwerken der imposanten Gründerzeitvilla warten 16 stilvolle Hotelzimmer. In Saarbrücken, wo es in der Vergangenheit an hochwertigen Unterkünften mangelte, schließt das im Sommer 2020 dazugekommene Hotelangebot eine echte Lücke – schön für reisende Gourmets, denn auch Klaus Erforts Gästehaus liegt nur zehn Gehminuten entfernt. 

Zu verdanken sind Gourmetrestaurant und Boutiquehotel am Max-Ophüls-Platz einem Saarbrücker Unternehmer, der sich hier, im Herzen des lebhaften Nauwieser-Viertels, einen Traum verwirklichte. Und mit Silio Del Fabro einem großen Talent eine Bühne bietet, dessen Karriere gerade erst begonnen hat.

1 Michelin-Stern

17 Gault&Millau-Punkte

3,5 Feinschmecker-F

www.esplanade-sb.de

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