Stories

Die Lieblingsprodukte der Köche (3): Gewürze von Ingo Holland

Indisches Vadouvan, Zimtrinde aus Vietnam oder Chili Habanero aus Mexiko – deutsche Köche wetteifern um immer neue, ausgefallenere Gewürze. Ihre beste Quelle sitzt in Klingenberg am Main

Diesen Artikel teilen:
Bird’s Eye Chili – im gemahlenen Zustand entwickeln sie höllisches Feuer © Altes Gewürzamt

Deutsche Küche war noch nie so weltoffen, neugierig und experimentierfreudig wie heute. Gewürze spielen dabei eine tragende Rolle, denn mit einer exotisch klingenden Aromatik lässt sich jedes Gericht im Handumdrehen aufwerten. Die Zeiten, als man Gäste mit Tahiti-Vanille oder Piment d’Espelette beeindrucken konnte, sind allerdings vorbei. Heute muss es mindestens ein Exot vom Schlag des indischen Vadouvan oder der japanischen Lakritzalge Matsubadaki sein. Dafür braucht sich ein Koch noch nicht mal besonders gut in der Welt auszukennen – es genügt, die Handynummer von Ingo Holland zu haben.

Hat die Nase bei Gewürzen ganz vorn: Ingo Holland © Altes Gewürzamt

Tatsächlich lässt sich die Spur vieler aufregender Aromen in unseren Küchen ins fränkische Klingenberg zurückverfolgen, wo Deutschlands „Gewürzpapst“ residiert. Von ihm stammen erfolgreiche Gewürzmischungen, allen voran Purple Curry, das schon vor Jahren einen regelrechten Siegeszug durch deutsche Küchen antrat – die von Holland subtil dosierte säuerliche Frucht der Hibiskusblüte hatte es vielen Köchen angetan. Bis heute ist die oft kopierte Gewürzkomposition aus der Spitzenküche nicht wegzudenken, in der Ostseelounge in Dierhagen verleiht sie als Creme einem Mecklenburger Rehrücken Weltläufigkeit, im Münchner Les Deux umspielt feinste Purple Curry-Sauce eine zur Perfektion gebratene Bresse-Taubenbrust auf Topinambur-Confit.

Im Sortiment: Über 150 Gewürze und 150 Gewürzmischungen © Altes Gewürzamt

Holland selbst, der die Nase im Gewürzmarkt ganz vorne hat, ist derzeit besonders fasziniert von der Vielfalt an Pfeffergewächsen, allen voran fermentierter schwarzer Pfeffer aus dem indischen Hochland mit seiner tiefgründigen Aromatik sowie Chiloé-Pfeffer von einer chilenischen Pazifikinsel, der das Feuer von Chili in sich trägt. Oder Andaliman-Pfeffer: „Er wächst wild in Nepal und erinnert an Szechuan-Pfeffer, ist aber noch klarer und aromatischer.“ 

Roter Szechuan-Pfeffer, gut ausgereift und prickelnd am Gaumen © Altes Gewürzamt

Beim Kreieren neuer Gewürzmischungen profitiert Holland bis heute von seiner langjährigen Expertise als Koch, die er sich unter anderem in den legendären Schweizer Stuben in Wertheim unter dem späteren Drei-Sterne-Koch Dieter Müller erworben hatte. Eine echte Herausforderung war aber auch für ihn die Komposition eines eigenen Vadouvan. Die aus Südost-Indien stammende Gewürzmischung ist nicht sonderlich ansehnlich, doch sobald man eine Nase voll nimmt, ist man ihr verfallen. Die opulente Aromatik des fermentierten und oxidierten Vadouvan changiert von Sojasauce über Fleischextrakt und Knoblauch bis hin zu Liebstöckl. 

Indisches Vadouvan – peppt jeden Kartoffelsalat auf © Altes Gewürzamt

Weil es schwierig war, eine konstante Quelle für die Mischung in der geforderten Spitzenqualität zu finden, entschloss sich Ingo Holland, selbst ein Vadouvan nachzuempfinden. Die fränkische Variante ist eine Zubereitung aus fermentierten Zwiebeln, Knoblauch und Bohnen, die mit Kreuzkümmel, Senf, Bockshornklee, Curryblättern und Fenchel aromatisiert wird und dem indischen Original in Sachen Komplexität sehr nahe kommt: „Eine Messerspitze davon in die Brühe, das peppt jeden Kartoffelsalat auf.“ 

Die hohe Kunst: Eigene Gewürzmischungen ohne Zusätze © Altes Gewürzamt

Ohnehin ist Holland überzeugt, dass deutsche Köche in Zukunft weniger in die Ferne schweifen müssen, um ihren Gerichten einen besonderen Kick zu verleihen: „Das Thema Regionalität kommt auch bei Gewürzen.“ Schon heute bezieht Holland, der eng mit heimischen Bauern zusammenarbeitet, rund 20 Prozent seiner Basisgewürze aus der Region: „Warum soll ich Kümmel aus der Türkei kaufen oder Bockshornklee aus Indien, wenn man ihn auch in Franken anbauen kann?“

www.altesgewuerzamt.de

Ähnliche Artikel