Restaurants

Christopher’s, Berlin

Christopher Kümper steht für 100% Casual Fine Dining, seine Gerichte bedienen sich rotzfrech sämtlicher trendiger Küchenstile – von Deutsch über Portugiesisch, Spanisch, Japanisch bis zu Marokkanisch. Ein Schmelztiegel der Aromen, der perfekt den kulinarischen Stil der Hauptstadt widerspiegelt

Diesen Artikel teilen:
David Monnie, Christopher Kümper © Christopher’s

In Berlin wird ja immer schnell irgendetwas „eingeläutet“. So wurden Gastro-Journalisten und Blogger nicht müde, wieder einmal den Niedergang des „Ostens“ der Stadt heraufzubeschwören und damit einhergehend das Wiedererstarken des „alten Westens“ einzuläuten. Grund für das Gebimmel war lediglich der Umzug des Restaurants „Schwein“ von Berlin-Mitte nach Charlottenburg in die legendäre Mommsenstraße. Die Verlegung des Dienstsitzes war aber nur der Anfang einer starken Entwicklung von Küchenchef Christopher Kümper. Er erfand sich neu, wurde Gesellschafter und Geschäftsführer der Betreibergesellschaft und benannte das Restaurant schließlich auch noch um in „Christopher’s“ – den alten Namen hatten viele Gäste fälschlicherweise mit einer fleischlastigen, eher rustikalen Wirtshausküche verbunden.

Cooles Interior © Christopher’s

Nichts könnte dem Team um Kümper ferner liegen. Man setzt viel mehr auf entspanntes Fine Dining. Der Gastraum wurde aufgefrischt und ist geprägt von Lichtkunst an der Wand sowie einem riesigen, bunten Schwein, das dann doch an die Wurzeln erinnern soll. Herr über die spannende Weinkarte ist der sympathische David Monnie, ebenfalls Betreiber und Gesellschafter. Es lohnt sich, mit ihm tiefer ins Gespräch einzusteigen, hat er doch immer noch ein paar Weine älteren Jahrgangs in der Hinterhand. Generell gibt sich das Serviceteam angenehm zurückhaltend und kompetent, wirkt niemals aufgesetzt, sondern erfrischend natürlich. 

2012 Frauenberg Riesling von Battenfeld-Spanier © Autor

Gleich vorneweg fällt auf, wieviel Augenmerk man im Christopher’s den Details widmet – etwa den getrockneten Kohlblättern und Rote Bete-Chips zum Apéro. Sehr verlockend auch das Brot, das durch das komplette Menü hindurch immer wieder gereicht wird, allen voran die Laugenbrötchen und das briocheartige Weißbrot.

Amuse-Bouche: Tatar, Laugenbrötchen, Gazpacho mit Basilikumöl © Autor

Doch nun zum Herzstück, der Küche von Christopher Kümper. Sein Talent wurde unter anderem von Dieter Müller, Nils Henkel und Manfred Salzmann gefördert, zudem sammelte er Erfahrungen bei Daniel Boulud in New York und André Chiang in Singapur (ein Mitbringsel aus Asien ist seine exzellente Dashi). Unter dem Einfluss so großer Namen und Vorbilder fand Kümper zu seinem eigenen Stil, der nicht zuletzt auf samtigen, süffigen Saucen aufbaut. So ist von der Vorspeise bis zum Hauptgang der Löffel immer das wichtigste aller Besteckteile und man ist gut beraten, ihn tief in den Teller einzutauchen, um möglichst alle Komponenten mit aufzulegen. 

Auf diese Weise entfaltet sich immer ein köstliches Aromenspiel – mal geprägt vom Flirt zwischen Süße und Säure, mal von vegetabilen Noten wie bei der Frankfurter Sauce mit wachsweichem Ei, das Kümper in einer Backkartoffel stocken ließ. 

Frankfurter Sauce mit Landei in gebackener Kartoffel © Autor

Besonders begeisterte bei unserem letzten Besuch der geräucherte Aal, den die Küche mit Birnenstückchen und knackigen Bohnen begleitete. Auch hier war es wieder die dezent gebundene Sauce, die nicht nur alle Aromen perfekt verband, sondern schon für sich betrachtet ein großer Genuss wäre. 

Geräucherter Aal mit Birne, Bohne und Speck © Autor

Eine strenge Menüfolge ist sympathischerweise nicht vorgegeben, so kann man sich auch zwischendrin an  perfektem Tomatensalat mit Pfirsich, Yuzu und Olivenöl erfreuen.

Tomatensalat mit Pfirsich, Yuzu und Olivenöl © Autor

Oder so kreative Kochtechniken wie beim Zander-Schaumbällchen hinterfragen – hier wurde die Fischfarce in Pak-Choi-Blätter gehüllt und im Kern mit guter Blutwurst gefüllt. Auch hier überzeugt Kümper mit einem Caldeirada-Sud, Holzkohleöl sorgt für apart rauchige Noten.

Zander-Schaumbällchen mit Blutwurst, Caldeira-Sud und Holzkohle-Öl © Autor

Als „Fang des Tages“ serviert der talentierte Koch ein mit feiner Parmesan-Kruste überzogenes Stück Kabeljau in einem würzigen Sud aus Waldpilzen. 

Kabeljau mit Parmesankruste und Waldpilzen © Autor

Die Desserts waren ordentlich, im Vergleich zum restlichen Menü aber eher Pflicht als Kür. Unser Fazit steht trotzdem fest: Im Christopher’s ist man dabei, sich zu einem der spannendsten Fine-Dining-Restaurants in Charlottenburg zu kochen. Schwein gehabt. 

15 Gault&Millau-Punkte

www.christophers.online

Autor: Bernhard Moser, Eat!Berlin-Festivalleiter

Ähnliche Artikel